7. Oktober 5:30, Anleger der Bootstankstelle in Bar
Es klopft an meiner Tür, Pascal und Flo sind schon wach, wir müssen den Liegeplatz verlassen. Wir hatten damit gerechnet, dass wir um sieben, zur Öffnung der Tankstelle würden verholen müssten, aber das war doch nochmal eine Stunde früher. Wir sind, erklären die anderen beiden, aufgefordert worden, erst einmal einzuklarieren. Das geht nicht hier im Yachthafen, sondern dazu müssen wir rüber in den Industriehafen und dort an einer großen Pier festmachen, die eher für die Großschiffahrt geeignet ist.
Dort angekommen wurde uns mitgeteilt, dass wir zwischen 10 und 11 wiederkommen sollten, da der Zoll gerade keine Zeit habe. Was nun? Wir haben uns entschlossen, in die Stadt zu gehen und erstmal zu frühstücken.
7. Oktober, 7:00, Industriehafen Bar
Als wir durch den Zoll den Hafen verlassen macht niemand den Versuch uns aufzuhalten, obwohl wir ja offiziell die Einreiseformalitäten noch nicht durchlaufen hatten.
Soll uns recht sein. Das Frühstück in einer kleinen Bar in Bar tat gut, der Cappuccino war auch durchaus gut, das entschädigte für die vergangene Nacht.
Danach sind wir nochmal zum Einkaufen gegangen, um unsere Vorräte an Getränken und Brot aufzufüllen und gingen dann wieder an Bord.

7. Oktober, 11:00, Industriehafen Bar
Wir sind einklariert und überlegen, wie wir weiter vorgehen. Dubrovnik ist nur etwa 65NM entfernt und damit als Tagesziel nicht mehr wirklich sinnvoll, Split hingegen, unser wirkliches Ziel, mit 190NM nur noch etwas über 24h entfernt, also entschieden wir, den nächsten Schlag gleich bis Split zu planen, dort wollten wir vor Sonnenuntergang ankommen, wir planten mit ca. 26h Reisedauer, also wollten wir um 14:00 spätestens hier ablegen.
Vorher wollen wir noch tanken, und uns wird gesagt: nachdem wir jetzt einklariert sind dürfen wir tanken fahren, müssen aber, bevor wir Bar verlassen, hier beim Zoll wieder ausklarieren. Was ein hin und her, aber gut, machen wir halt. Wir sind unter den ersten Kunden der jungen Frau, die heute ihren ersten Arbeitstag als Tankwart an der Bootstankstelle hat und uns sehr freundlich bedient.
Danach also zurück, ausklarieren und…
7. Oktober, 13:30, Bar
…dann verlassen wir Bar und gehen wieder auf Nordwestkurs entlang der Küste.
Die See hatte sich weitestgehend beruhigt, aber läuft die alte Welle als Schwell immer noch von Westen her durch, zuweilen bis zu zwei Meter hoch. Den Wind hatten wir jedoch jetzt aus Nord-nord-ost, was ihn interessant machte – nicht weil er stark war, sondern weil die Berge ihn immer wieder mal komplett abgeschattet und dann wieder wie eine Düse beschleunigt haben.
20kt Wind wechselten so machmal auf 100m mit totaler Flaute ab, wir konnten gute Strecken segeln, mussten aber auch immer wieder die Maschine starten.

7. Oktober, 15:31, 42°12’52,3″N 18°50’38″O
Querab der montenegrinischen Küstenstadt Sveti Stefan
die Sonne wirft mildes Licht auf das Küstengebirge. Die geologischen Formationen faszinieren mich immer wieder, deutlich erkennbare Schichten aus Kalkstein, Sandstein, zuweilen auch etwas, das nach Granit aussieht, über die Zeit in Wellen und Stufen gebogen und von Wind und See immer wieder in großen Stücken abgebrochen.

7. Oktober, 18:01, 42°22’57,4″N 18°30’16,2″O
An der Bucht „Boka Kotorska“ endet die montenegrinische Küste und es beginnt Kroatien. Die Bucht selbst sieht faszinierend aus, sowohl auf der Karte als auch von der Küste aus gesehen, zu gerne wäre ich in die Bucht eingelaufen, es sieht aus, als könne man darin auch in die zweite Bucht weiter fahren, quasi mitten in’s Gebirge. Das kommt auf meine „to do Liste“.
7. Oktober, 18:15, 42°23’8,4″N 18°29’15,3″O
Der Vollmond kriecht über das Gebirge und wir schauen fasziniert zu, weil die Bewegung der Welt dadurch mit dem bloßen Auge sichtbar wird. Im Westen steht derweil die Sonne tief über der See und wird bald untergehen. Ein schöner, stiller Moment der Reise.


für die nächsten Stunden begleiteten uns Wolken am Horizon, in denen wir etliche verschiedene Tiere sehen, am besten zu erkennen war Fuchur:

7. Oktober gegen 22:00 42°36’15,7″N 18°3’42,3″O, etwa querab Dubrovnik
Ich lege mich wieder hin nachdem ich den größten Teil des Tages auf Wache war. Wir liefen unter Maschine und mittlerweile hatte ich mich an ihr gleichmäßiges Brummen so gewöhnt, dass ich schnell eingeschlafen bin.
8. Oktober, 2:00, 42°47’55,7″N 17°35’42,8″O
Ich wache auf, weil das Brummen der Maschine weg ist. Seltsam wie der Mensch reagiert. Im Aufwachen höre ich Stimmen an Bord, die, zu meinem Erstaunen, Englisch sprechen. Ich wollte sowieso um zwei wieder Wache gehen, also ziehe ich mich schnell an und gehe durch meine Kammertür in den Salon. Dort sitzen neben Pascal und Florian zwei Uniformierte, kroatische Polizei wie ich erfahre. Wir sind unerlaubt in kroatische Gewässer eingefahren.
Als wir Bar angelaufen sind, haben wir die europäische Union verlassen, und die Regel scheint zu sein, dass Boote, die von außerhalb der EU kommen in Dubrovnik einklarieren müssen. Wir waren davon ausgegangen, dass wir das auch in Split tun könnten, aber die Kroaten waren anderen Meinung. Auf dem AIS hatten sie gesehen, dass wir, aus Bar kommend, an Dubrovnik vorbei gelaufen sind und dann zwischen die kroatischen Inseln Mljet und Pejesac eingelaufen sind – damit waren wir sehr deutlich in kroatischen Gewässern und daher illegal unterwegs.
Wie eigentlich alle „Offiziellen“, die wir auf der Reise getroffen haben waren auch diese beiden Polizisten ausgesprochen korrekt und freundlich und durchaus bemüht, uns aus der misslichen Lage zu helfen. Eigentlich hätten wir zurück nach Dubrovnik fahren müssen um dort einzuklarieren, das hätte uns aber realistisch 18h oder mehr gekostet, nach einem Telefonat mit einem Vorgesetzen haben die beiden uns dann die Weiterfahrt nach Split erlaubt, uns aber eingebläut, dass wir dort sofort einklarieren müssten.

Dann haben sie sich verabschiedet und sind wieder auf ihre Polizeiboot umgestiegen und wir waren frei. Und um 86€ ärmer – es hätte viel schlimmer kommen können.
Pascal ging wieder schlafen, Flo und ich übernahmen für die nächsten Stunden die Wache.
Der Plan war, dass wir bei Orebic die Meerenge zwischen Pejesac und Korcula passieren um dann um die Nordwestspitze von Pejesac herum auf Nordostkurs zu gehen um Hvar an backboard zu lassen und an dessen Ostspitze wieder auf Nordwest-Kurs zu gehen.
8. Oktober, 3:16, 42°51’12,4″N 17°25’42,2″O
wir verlassen den Windschatten von Mjet und haben dann wieder ein bisschen mehr Welle, um nicht allzu exponiert zu sein, sind wir etwas weiter nach Osten zur Küste gerückt und ich habe gleichzeitig angefangen mir zu überlegen, wie ich durch die kleine Inselwelt zwischen Orebic und Korcula fahren möchte. Der kürzere Weg wäre es, im Südwesten durch zu fahren, aber dort sind ziemlich viele, kleine Inselchen, im Norden, direkt in der Bucht von Orebic ist ein breiter, offener Kanal und die Karte verzeichnet auch einige brauchbare Leuchtfeuer. Ich entscheide mich für den Norden.
8. Oktober, 4:46, 42°57’20,3″N 17°14’42,9″O
Kurz vor Orebic, wir halten sorgfältig nach Inseln, anderen Fahrzeugen und Leuchtfeuern Ausschau. Hier scheint es mir besser, nach Landmarken zu navigieren als nach GPS alleine, und das gelingt uns ganz gut.
Auf der Burg Velika Sestrica ist ein weißes Rundumfeuer, dass wir auf der Backbordseite lassen, und als an Backbord das rote Feuer von Stupa Vela in sicht kommt drehen wir auf Westkurs um uns dann an den weißen Lichtern der Meerenge zwischen Otok Vela Kneza an Backbord und der St. Ivans Kirche an Steuerbord zu orientieren.
