Wie immer sind nach dem Einwassern und Maststellen noch ein paar Dinge zu tun. In meinem Fall war es das Antennenkabel für mein AIS, das offenbar an mehreren Stellen kaputt war. Die Steckverbinder direkt am Mast hatte ich schon repariert, aber offenbar war das Kabel unter dem Bodenbelag gebrochen. Ich habe also ein neues verlegt, diesmal entlang der Decke am Durchgang vom Salon zur V-Koje. Das sieht zwar nicht so schön aus, funktioniert aber, und das ist mir wichtiger.
An dem Abend hatte ich Laurin gefragt, ob er Lust hätte, mit zu einem kurzen Shakedown-Sail raus zu fahren und so sind wir dann so etwa um acht Uhr los und – wollten eigentlich nur in die Schlutuper Wiek. Dann lief es aber so gut und wir konnten ein gutes Stück die Trave aufwärts segeln, dass wir beschlossen haben, das Boot gleich nach Travemünde zu verlegen. Bis etwa zur Stülper Huk konnten wir segeln, danach sind wir dann unter Maschine weiter gefahren, so dass wir kurz vor 10 im Passathafen festmachen konnten.
Leider ist Travemünde zwar sehr touristisch, aber die Touristen, die hier gemeint sind gehen nach 21 Uhr nicht mehr zum Essen, und so sind wir eben hungrig mit dem Bus zurück zur Marina am Stau gefahren.
Am nächsten Tag gab es ein relativ kurzes und auch nicht ganz optimales Zeitfenster, in dem der Wind es wenigstens auf der Kreuz ermöglichen würde, ein Stück Richtung Wismar voran zu kommen, blöd nur, dass das Fester erst um 16 Uhr aufgehen würde und ich auch unter guten Bedingungen für die 24NM etwa sechs Stunden rechne.
Aber versuchen wollte ich es, zusammen mit Markus bin ich also ziemlich pünktlich um vier ausgelaufen und wir waren gegen halb elf in Hohen Wieschendorf.
Mit dem, was dazwischen passieren sollte, hatten wir überhaupt nicht gerechnet.
Wir waren gerade auf dem letzten längeren Schlag nach Nordosten, die Wende war etwa bei Groß Schwansee, das Boot lief etwa vier Knoten, nicht ganz hart am Wind. Plötzlich war Markus sehr aufgeregt, und als ich in die Richtung sehe, in die er zeigt, verstehe ich warum, kurz hinter dem Boot kam die Rückflosse und der dunkle Rücken eines Schweinswals durch die Wasseroberfläche. Schweinswale gehören zu den Zahnwahlen, sind aber viel viel kleiner, als etwa ihre Verwandten, die Orcas. Der „gewöhnliche Schweinswal“, der in der Ostsee vorkommt wird nur ca. 1,50 m lang und wiegen etwa so viel wie zierlicher ein Mensch – zwischen 50 und 60kg, besonders große Exemplare auch mal 90kg. In der Ostsee leben nach Schätzungen nur noch etwa 300 dieser Tiere. Umso schöner war es, dass uns hier nicht ein einzelner Wal, sondern sicher drei, vielleicht vier „besuchten“ – denn sie bleiben sicher 10 Minuten in direkter Nähe des Bootes, tauchten kaum zwei Meter neben uns auf, kreuzten vor dem Bug, und mindestens einmal habe ich einen dabei beobachtet, dass er sich auf den Rücken gedreht hat, uns seinen weißen Bauch zeigte und so achtern unter dem Boot durch geschwommen ist.
Es ist ein bisschen schwer zu beschreiben, warum Begegnungen mit Walen so besonders sind. Vielleicht, weil sie uns einerseits ein bisschen ähneln – es sind soziale Tiere die sich untereinander mit einer Art Sprache verständigen und andererseits in einem Element leben, dass für uns doch fremd ist. Sicher, wir fahren mit Schiffen und Booten über das Wasser, wir tauchen und schwimmen, aber was es bedeutet, im Wasser zu leben ist doch schwer zu begreifen. Wir jedenfalls haben uns über die freundliche Begleitung sehr gefreut und auch darüber, dass die Gruppe eine halbe Stunde später noch einmal zu uns kam. Irgendwas schien uns interessant zu machen.
Aber das war nicht die einzige Überraschende Begleitung auf diesem Törn:
Quelle: Wikipedia / ThoKay – Eigenes Werk, CC BY-SA 1.0,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1778638
Als wir um die Lieps herum in die Wismarbucht einfuhren war es schon dunkel. Wir fuhren schon über zwei Stunden unter Maschine, und hatten entsprechend zu den Positionslaternen auch das Dampferlicht an und brachten damit vier weitere bunte Lichter in die Bucht, die an Seezeichen nicht arm ist. Da ist die Seeschiffahrtsstraße die von Norden um Poel herum nach Wismar führt, dazu die Richtfeuer Hohenwieschendorf Huk, der Leuchtturm in Timmendorf auf Poel, ein Seezeichen auf dem südöstlichen Ausläufer der Lieps, das Richtfeuer Walfisch (dieser Walfisch ist eine Vogelinsel in der inneren Wismarbucht), dazu ein paar Kardinaltonnen um den Steingrund vor Poel, und scheinbar in diesem Jahr wieder eine ODAS Tonne südlich von Timmendorf. Es war also gehörig bunt, und wir waren wohl auch langsam müde. Und so rätselten wir, was denn das für eine seltsame Tonne sei, die neben einem roten noch ein weißes Licht trägt und keine Kennung zeigt, also nicht blinkt.
Ein Stück später sagt Markus „Peter, die komische Tonne, das ist ein Boot“. Und wären wir nicht so müde gewesen, wir hätten es wissen müssen. Was nicht blinkt ist ein Boot
Als nächstes sagte Markus „Du, der verfolgt uns“. „Quatsch“, sag ich, „der läuft nach Boltenhagen“ – ich sah ja das rote und das weiße Licht, also das Boot von der backbord Seite. Aber: die Lichter rückten näher aneinander, im schwachen Licht konnte ich die Bugwelle erkennen und – das Boot lief im Bogen hinter uns durch und setzte sich an Steuerbord auf Parallelkurs. Sowas hatte ich noch nicht, und es war, gerade in der Dunkelheit, ein merkwürdiges Gefühl. Das Boot kam langsam näher und nach einiger Zeit konnte ich eine Person auf dem Vordeck ausmachen, die zu uns herüber sah und, als sie auf Rufweite herangekommen waren, mich anwies, Kurs und Fahrt zu halten – einfach, wir liefen ja sowieso am Autopiloten.
Ob wir nach Wismar fahren fragte sie, ich antwortete „nein, nach Hohenwieschendorf“
Wer der Schiffsführer sei war die nächste Frage, was ich mit „ich“ beantwortete.
Ob ich Alkohol getrunken hätte kam als nächstes, und meine Antwort war ein leicht empörtes „natürlich nicht!“
Danach haben wir noch ein paar Worte darübe gewechselt, dass die Situation für mich etwas seltsam war, und dass ich schon die ganze Zeit auf dem AIS sichtbar war – was ich umgekehrt nicht sagen konnte, denn wenn es sehr dunkel ist, ist mein Plotter so abgedunkelt, dass einzelne Elemente nicht mehr auszumachen sind.
Das war also mein erstes Zusammentreffen mit der Wasserschutzpolizei.
Eine halbe Stunde später haben wir dann in Hohenwieschendorf festgemacht, wo uns Markus‘ Frau abgeholt und mich dann zurück nach Travemünde gefahren hat.