Vor drei Wochen habe ich herausgefunden, dass Antares von Osmosis befallen ist, und seitdem habe ich viele Arbeitsstunden dieser Göttin geopfert. Ich habe tatsächlich hunderte kleiner Delaminationsblasen aufgeschliffen und es sind immer wieder neue aufgetaucht. Das Muster war fast immer das gleiche: manchmal gab es eine kleine Beule an der Oberfläche, manchmal nur ein winziges Loch. Darunter schien das Gewebe immer weißlich, weil einige Milimeter in der Tiefe das Harz aus dem Laminat herausgelöst war. In den allermeisten Fällen waren diese Stellen zum Glück trocken oder fast völlig trocken, nur wenige der Blasen waren mit der immer wieder beschreibenen bräunlichen, sauer riechenden Flüssigkeit gefüllt, und auch dann war es immer nur sehr sehr wenig. Ich habe Videos von Booten gesehen, bei denen beim Anbohren einer Osmoseblase ein bleistiftdicker Strahl brauner Flüssigkeit herauskam. Hier war es insgemsamt nicht genug, um einen Fingerhut zu füllen. (Wissen Millenials eigentlich noch, was Fingerhüte sind?)
Aber ich habe trotzdem alle Blasen, die ich gefunden habe aufgemacht, und bei manchen hat sich herausgestellt, dass sie nach ein paar Tagen ein bisschen Feuchtigkeit nachgezogen haben. Das war nie viel, aber so konnte auch der Teil Feuchtigkeit aus dem Laminat, den ich nicht direkt erreichen konnte.
Weil aber sich die geöffneten Blasen deutlich auf der Backbordseite und besondes in den mittleren dreieinhalb Metern des Schiffes „gesammelt“ hatten, machte ich mir ein bisschen Gedanken um die Steifigkeit des Materials. Sicher, als Boot aus den 70ern ist die Sirius mit einer ordentlichen Schalenstärke versehen, die liegt so zwischen 8 und 11mm. Die tiefsten Ausfräsungen waren vielleicht vier Milimeter tief, aber jeder kennt es, man kann auf einer Getränkedose stehen, doch sobald sie irgendwo eingedellt ist, kann sie das Gewicht nicht mehr tragen. Diese Beulsteifigkeit wolle ich nicht verlieren, ganz besonders nicht im Bereich des Mastfußes, der vorderen Kielbolzen und der Wanten / Püttinge. Eine Möglichkeit wäre gewesen, die einzelnen Löcher 50:1 auszuschäften und dann mit mehreren Lagen Glasfaser Stück für Stück neu aufzubauen. 50:1 heißt, dass ich für ein zwei Milimeter tiefes Loch 10 cm im Radius (!) hätte aufschleifen müssen. Bei der Dichte der Löcher hätte das bedeutet, von der ganzen Rumpfseite zwei bis drei Milimeter abzutragen und komplett neu aufzubauen. Das ist einfach nicht zu leisten. Ich habe mich also entschieden, die Löcher mit 2k Epoxy Spachtelmassen zu verspachteln. Spachtelmasse hat allerdings wenig, manche sagen keine, mechanische Festigkeit. Um die wieder Herzustellen, kam über alles eine Schicht Glasfasergewebe. Da, wo der alte Faserverbund rausgeschliffen worden ist, bildet die Spachtelmasse jetzt quasi einen Stützstoff und die Gewebelage außen bildet damit einen Sandwich. Damit dürfte nicht signifikant Steifigkeit verloren gegangen sein.
Um aber sinnvoll eine Glasschicht aufbringen zu können musste erstmal eines weg: das gesamte Gelcoat auf dieser Seite. Zum Glück hat mir ein befreundeter Segler (danke Laurin!) eine Mirka Schleifmaschine geliehen, die eines der besten Elektrowerkzeuge ist, mit dem ich bisher gearbeitet habe. Für diese gibt es 40er Keramikschleifnetze, die ordentlich was wegnehmen. Am Anfang. Das Gelcoat selbst ist nicht übermäßig Hart, aber sobald man auf das darunter liegende GFK kommt, wird auch die beste Schleifscheibe ruck zuck stumpf. Für diese ca. sechs Quadratmeter habe ich drei Tage und sicher 15 bis 20 Schleifscheiben gebraucht.
Leider habe ich feststellen müssen, dass die Epoxy Spachtelmasse, die ich verwende beim Aushärten ca 10-15% schrumpft (in der freien Achse, also der, die nicht durch einen haftfähigen Untergrund begrenzt ist) und so haben meine schön verspachtelten Löcher fast alle mehr oder weniger deutlich konkave Oberflächen bekommen. Also noch ein Durchgang spachteln und schleifen.
Heute war es dann soweit, ich war mit der Oberfläche einverstanden und es ging daran, Harz anzumischen und Glas aufzulegen. Um die Glasbahnen sauber zuzuschneiden haben wir erst eine Folie auf den Rumpf geklebt und die Umrisse mit einem Edding darauf markiert. Dann wurden die Bahnen mit ca 2cm Überstand zugeschnitten und … ich hab vergessen, in welcher Richtung ich sie geschnitten hatte – also was oben und unten und innen und außen waren. Aber gut, wird sich finden. Zuerst wollte der Rumpf komplett mit Harz eingestrichen werden. Das alte Laminat war sehr durstig und hat eine Menge des frischen Harzes aufgenommen. Gut so, dann haftet es gut. Die einen Meter breiten und bis zu 1,80m langen Bahnen aufzubringen war schon ein bisschen herausfordernd, denn solange nicht alles haftet, haftet im Zweifel gar nix.
Das
Das Ergebnis kann sich aber sehen lassen, denn man sieht quasi nichts, und genau so soll es ein. Die Glasfaserschicht ist schön gleichmäßig mit Harz getränkt, aber nicht mit so viel, dass sich Falten, Blasen oder nasse Flecken bilden würden. Gleichzeitig gab es keine erkennbaren Lufteinschlüsse oder nicht hinreichend getränktes Geweben. So darf der Rumpf jetzt bis morgen aushärten. Dann wird nochmal kurz angeschliffen um die Basis für die nächsten Schichten, diesmal eine spezielle Epoxy Sperrschicht zum Schutz vor Osmose aufzubringen.
Wenn alles klappt und das Wetter mitspielt, dann bin ich am Freitag soweit, dass ich mit dem Boot in’s Wasser kann. Dann zwar noch ohne Antifouling, aber mit ausgehärteter Sperrschicht, und auch nur für ein paar Stunden, denn am Abend geht’s im gegenüberliegenden Hafen der Seglervereinigung Trave wieder aus dem Wasser um in der kommenden Woche noch fünf Schichten Coppercoat aufzutragen.
Das sollte dann das letzte Opfer an Osmosis gewesen sein.