Antares

This is recreational sailing, we're not here to suffer

Osmosis, die ägyptische Göttin der Polyestersegler

Noch steht Antares ja auf dem Trockenen, und gerade heute habe ich nochmal 14 Tage Aufschub zum Krantermin bekommen, und das ist auch gut so, denn: wer sich eine Grube gräbt wird schon sehen, was er davon hat.

Aber von vorne:

Beim Auskranen fiel auf, dass das Gelcoat auf großer Fläche vom Kiel abgeplatzt war, und darunter der blanke Stahl hervor lugte. Zudem war erkennbar, dass Antares dort, wo sie auf der Steuerbordseite vorne auf der Trailerstütze aufliegt eine leichte Delle hat. Na gut dachte ich mir, das schau ich mir an. Aus „das schau ich mir an“ wurde langsam „na, dann kann ich ja das ganze alte Antifouling runter nehmen und was modernes auftragen, Coppercoat vielleicht“. Leider war das Wetter lange viel zu kalt für vernünftige Arbeiten am Boot, und auch jetzt sind die Tagestemperaturen noch alles andere als üppig, doch die Zeit drängt. Also habe ich mich mit tatkräftiger Hilfe (danke Paul!) daran gemacht, das alte Antifouling abzukratzen und mir dabei gleich so anzusehen, was darunter zum Vorschein kommt.

merkwürdig schlechte Oberfläche am Skeg
die Oberfläche am Übergang zwischen Rumpf und Skeg war erheblich schlechter als an anderen Stellen

Die erste seltsame Stelle fand sich am Skeg, dem vorderen, feststehenden Teil des Ruders. Dort war das Antifouling und auch das Gelcoat darunter ungewöhnlich rauh und kam war das Antifouling runter, guckte mich eine von der Unterlage abgelöste Lage Glasfasermaterial an. Die Unterlage war nicht etwa selbst Glasfaser, sondern Gelcoat. Wie es aussah, wurde hier irgendwann mal etwas recht stümperhaft repariert. Aber was? War der Skeg mal gebrochen? Je weiter ich das aufgebrachte Laminat zurückgeschliffen habe, desto seltsamer wurde es. Da waren dicke Schichten Spachtelmasse unter dem Glasgewebe, und darunter nochmal Gewebeschichten (ich sollte erwähnen: wenn ich „Gewebe“ oder „Glasgewebe“ schreibe, dann meine ich tatsächlich verwobene Glasfasern, wenn ich nur von „Glasfaser“ oder „Fasermatten“ spreche, dann meine ich damit die einfachen Matten aus mehr oder weniger verfilzten Glasfasern, die man recht leicht zerreißen kann. Das Boot ist, wie fast alle Segelboote aus der Zeit, mit Fasermatten und Polyesterharz gebaut.)

Auf der Steuerbordseite fiel mir ganz am Ende des Skegs (also hinten, nicht am unteren Ende) ein winziger Riss auf – sollte das die Stelle sein, der die Reparatur galt? Ich schleife also den Riss von achtern her weiter auf und finde – der Skeg hat eine ebene Oberseite, dann kommt ein teilweise verfüllter Luftspalt von ca. 6-7mm und darüber eine ebenso glatte Ober- (bzw. Unter-) fläche des Rumpfes. Aha! Das ist kein Riss, vermutlich ist der Skeg in einer eigenen Form gebaut und später mit dem Boot verbunden worden. Das ist durchaus sinnvoll, da ein so schmales Teil in der großen Rumpfform nur schwer zu bauen wäre, also wird er in einer eigenen Form laminiert und später angesetzt. Das hat auch der zur Beratung herangezogene Bootsbauer bestätigt, der, so ein Zufall, selbst 10 Jahre bei Sirius in Plön gearbeitet hat. Allerdings war das lange nach dem Ende der Sirius 26 Bauzeit.

ein Hohlraum am Übergang zwischen Rumpf und Skeg
das also ist des Pudels Kern! Zwischen Rumpf und Skeg ist ein Spalt, der nur teilweise verfüllt ist.

Gut, diese seltsame Reparatur war also keine oder zumindest keine, die auf einen Schaden zurückzuführen war. Ich werde den Spalt dennoch ein Stück weiter freilegen, das schlecht aufgebrachte Laminat zurückschleifen und die ganze Stelle neu aufbauen. Das geht besser als das, was da heute ist.

Nach dieser Erkenntnis und Entscheidung habe ich mich den seltsamen Pickeln im Rumpf zugewand. Schon, als ich Antares im Herbst 2021 gekauft habe, war es auffällig, dass das Gelcoat an einigen Stellen sichtbare Pickel hat, so etwa acht bis 10mm im Durchmesser. Die waren aber zumindest mit dem Fingernagel oder dem Autoschlüssel nicht aufzudrücken und zudem waren ähliche Pickel auch auf der Oberseite des Kajütaufbaus zu sehen – das hat mich vermuten lassen, dass es sich dabei nicht um Osmose handelt, die gefürchtete Krankheit älterer Polyesterschiffe. Nun, heute habe ich meine Vermutung revidieren müssen. Es ist offenbar Osmose.

Woher ich das weiß?

Gelcoat mit Resten des dunkelblauen Antifoulings und fast kreisrund ausgeschliffenen Osmosestellen
Nachdem ich die erste Blase geöffnet hatte war klar, dass die anderen auch dem gleichen Prinzip folgen würden: Wasser war eingedrungen und hatte das Polyesterharz zwischen den Fasern herausgelöst.

Beim Abziehen des Antifoulings mit dem Gelplane (ein scharfes Messer, das auf dem Gelcoat gleiten, und das weichere Antifouling abheben soll) ist an diesen Stellen immer wieder auch das Gelcoat selbst mit abgegangen, so dass mich da das pure Gewebe angesehen hat. Erstaunlicherweise ein Gewebe, das verdächtig trocken aussieht – so, als sei es nicht mit Harz getränkt. Eine dieser Stellen fiel mir auf, weil sie ein kleines Loch zu haben schien, vielleicht einen halben Millimeter im Durchmesser. Da schau ich mal rein, dachte ich, und hab die Stelle aufgeschliffen, nur, um nach ca. einem Millimeter Tiefe eine ziemlich große Stelle zu finden, in der das Polyesterharz nahezu vollständig aus dem Glasgewebe herausgelöst war. Es roch zwar nicht, was häufig als das deutlichste Zeichen für aktive Osmose gilt, nach Essig, aber in zumindest zwei Blasen schien ein bisschen Flüssigkeit zu sein, der Rest war, bisher, trocken. Dennoch habe ich heute schon etwa 20 Stellen aufgeschliffen, zwischen drei und sechs Zentimeter im Durchmesser und die tiefste wohl etwa 4mm tief (das Laminat ist gut 10mm dick).

Im Grunde ist Osmosereparatur kein großer Akt: das geschädigte Material muss raus, und auf dem gesunden Untergrund können neue Fasermatten mit Harz aufgelegt werden. Wenn das ordentlich gemacht ist, ist der Rumpf hinterher nicht schwächer als vorher und das Boot hat noch ein langes Leben vor sich.

Das sollte ganz besonders für Antares gelten, denn sie bekommt, wenn alles saniert ist, ein neues Antifouling, das seinerseits auf Epoxydharz aufbaut. Anders als Polyesterharze sind Epoxydharze nicht osmosegefährdet, ich hoffe also, dass diese Sperrschicht nicht nur die Seepocken abhält, sondern auch die Osmose.

Das größte Problem, bzw. die beiden größten Probleme sind weiterhin die verbleibende Zeit und die noch vor mir liegende Arbeitsmenge:

  • restliches altes Antifouling abtragen
  • bestehendes Gelcoat anschleifen
  • die oben beschriebene Stelle am Skeg neu aufbauen
  • Osmosesanierung
  • Skeg und Ruder neu mit Gelcoat streichen
  • Coppercoat (neues Antifouling) auftragen (sechs Schichten, maximal ca. drei täglich möglich)
  • Coppercoat anschleifen.

Realistisch sind das acht ganze Arbeitstage. Einige der Schritte sind allerdings nur bei Temperaturen von mindestens 15°C möglich, weil Epoxydharze sonst nicht vernünftig durchhärten. Der bisherige Plan war, dass der letzmögliche Krantermin am 5.5. sein sollte, und obwohl ich es kaum erwarten kann, dass das Boot wieder in’s Wasser kommt, hat mich das doch arg unter Stress gesetzt. Seit heute weiß ich, dass ein Ausweichtermin am 19.5. zustande kommen wird, und bei dem wird nun Antares dabei sein. Das gibt mir weitere zwei Wochen und hoffentlich ein paar warme Tage.

Drückt mir die Daumen.

Weiter Beitrag

Zurück Beitrag

Antworten

© 2024 Antares

Thema von Anders Norén

de_DEDeutsch
Cookie Consent Banner by Real Cookie Banner